Nie wieder die Pille schlucken – wahrscheinlich ist kein anderes Versprechen natürlicher Verhütungsmittel verlockender. Denn: Immer mehr Frauen sträuben sich, in die Prozess ihres Körpers einzugreifen. Haben 2012 noch 60 Prozent hormonell verhütet, sind es gegenwärtig nur noch 44 Prozent. Die Chancen stehen also gut, dass auch du mit alternativer Verhütung liebäugelst.
Welche Methoden es gibt, wie du sie richtig anwendest und ob sie wirklich sicher sind – das alles erfährst du hier.
Inhaltsverzeichnis
Warum und wie funktionieren natürliche Verhütungsmittel?
Natürliche Verhütungsmethoden kommen ohne Hormone (Pille, Spirale usw.) oder Barrieren (Kondome, Diaphragma) aus – sie arbeiten mit körperlichen Anzeichen, die auf einen baldigen Eisprung hinweisen. Durchschnittlich betrachtet sind Frauen an nur sechs Tagen im Zyklus fruchtbar – am Tag des Eisprungs und sechs Tage zuvor.
In dieser Zeit darf also kein ungeschützter Sex stattfinden. Viele Paare verhüten hier mit Kondomen oder verzichten eben auf den Geschlechtsakt.
Kennst du deinen Körper so gut, dass du zuverlässig einschätzen kannst, wann es zum Eisprung kommt, wäre es an alle anderen Tagen möglich, auf zusätzliche Verhütungsmittel zu verzichten – soweit die Theorie hinter den natürlichen Methoden. Wie diese dir helfen, deinen Eisprung zu ermitteln und wie sicher sie sind, erfährst du in den folgenden Abschnitten.
Welche Methoden gibt es?
Möchtest du natürlich verhüten, stehen dir fünf Methoden zur Verfügung. Sie alle beruhen auf einer Funktionsweise: Sie stellen fest, wann es zum Eisprung kommt – indem sie verschiedene körperliche Anzeichen berücksichtigen.
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Temperatur-Methode
Im Verlauf des Zyklus schwankt deine Körpertemperatur um wenige zehntel Grad – diese Tatsache macht sich die Temperatur-Methode zunutze. Du misst deine morgendliche Körpertemperatur über den ganzen Zyklus hinweg. Fällt sie um mindestens 0,2 Grad, steht der Eisprung kurz bevor. Danach klettert sie um 0,5 Grad nach oben.
Wichtig: Gemessen wird stets zur gleichen Zeit, du solltest also einen Wecker bereithalten. Als besonders zuverlässig gelten vaginale Messungen. Egal, ob du dich für diesen Ort entscheidest oder lieber anal bzw. oral misst – vermeide innerhalb eines Zyklus unbedingt Wechsel zwischen den Stellen.
Und: Manche Faktoren können deine Körpertemperatur beeinflussen. Zum Beispiel zu wenig Schlaf, Stress, Medikamente oder vermehrter Alkoholkonsum. Damit diese Methode sicher wirkt, braucht es einen regelmäßigen Alltag.
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Zervixschleim-Methode
Hast du bestimmt schonmal bemerkt: Im Laufe des Zyklus verändert sich dein Ausfluss. Steht der Eisprung kurz bevor, findest du in deiner Unterwäsche ein durchsichtiges Sekret, das sich wie Eiweiß zwischen den Fingern spinnen lässt.
Bestenfalls entnimmst du den Schleim jeden Tag zur selben Zeit (zum Beispiel morgens im Bett), entweder am Scheideneingang oder direkt am Gebärmutterhals. Bedenke allerdings, dass Infektionen die Beschaffenheit des Sekrets verändern können.
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Symptothermale Methode
Hier werden Zervixschleim- und Temperaturmethode wirkungsvoll kombiniert. Nach dem Aufwachen schnappst du dir dein Thermostat und prüfst gleichzeitig die Beschaffenheit bzw. Spinnbarkeit des Gebärmutterhalsschleims. Beides trägst du in eine entsprechende Tabelle oder App ein.
Tipp: Beachte zusätzliche Fruchtbarkeitsanzeichen – zum Beispiel Spannungsgefühle in der Brust, Mittelschmerz und Zustand des Muttermundes. In der Zeit um den Eisprung fühlt er sich weicher an, ist leicht geöffnet und sitzt weiter oben.
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Kalendermethode
Die einfachste – aber definitiv auch unsicherste – Methode: Hier benötigst du lediglich einen Kalender und einen super regelmäßigen Bilderbuchzyklus. Notiere dir über mindestens sechs Monate hinweg die Längen deiner Zyklen.
Anschließend kannst du deine fruchtbaren Zeiten berechnen: Vom kürzesten Zyklus (z.B. 27 Tage) ziehst du 18 Tage ab, vom längsten Zyklus (z.B. 33 Tage) subtrahierst du 11 Tage – jetzt weißt du, dass du im nächsten Zyklus voraussichtlich vom 9. bis 22. Tag schwanger werden kannst.
Diese Methode arbeitet mit einem durchschnittlichen 28-Tage-Zyklus (den kaum eine Frau hat – rund 80% sind von Schwankungen betroffen) und berücksichtigt, dass Spermien bis zu einer Woche in deiner Vagina überleben. Entwickelt wurde sie in den 1920er Jahren – und mit gutem Grund von der WHO als veraltet eingeschätzt.
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Zykluscomputer
Zykluscomputer und Apps zeichnen verschiedene Daten auf und werten diese aus – letztendlich nehmen sie dir also vor allem Arbeit ab und sind bei manchen Berechnungen ggf. etwas genauer bzw. verhindern „menschliches Versagen“.
Meistens fütterst du diese Programme und Geräte mit Informationen zur Körpertemperatur und zum Zervixschleim – sie beruhen also vorwiegend auf der symptothermalen Methode. Manche (so genannte Hormoncomputer) messen außerdem Östrogen und LH in deinem Urin. Je länger du solche Geräte verwendest, desto zuverlässiger zeigen sie deine fruchtbaren Tage an.
Die größte Unsicherheit bei diesen digitalen Helfern bleibst du selbst – bevor du einen Zykluscomputer verwendest, solltest du die zugrundeliegenden Methoden beherrschen und auch wissen, wann diese versagen (zum Beispiel bei Stress oder Zeitumstellungen).
Und: Bedenke den Datenschutz – hier trägst du schließlich wirklich sensible und intime Parameter ein (in manchen davon sogar, wann du Sex hattest). Auf der sichereren Seite bist du bei Zykluscomputern, deren Server auf EU-Boden stehen. Es lohnt sich also, die Datenschutzerklärung zu checken, anstatt sie wegzuklicken.
Pearl Index: Wie sicher sind natürliche Verhütungsmethoden?
Die Sicherheit einer Verhütungsmethode wird mit dem so genannten „Pearl Index“ angegeben – dieser sagt aus, wie viele von 100 Frauen trotz der angewendeten Methode innerhalb eines Jahres schwanger werden. Um die Zuverlässigkeit der alternativen Verfahren ins Verhältnis zu setzen, vergleichen wir im Folgenden alle gängigen Verhütungsmethoden – Überraschungen inklusive.
Verhütungsmittel | Pearl Index |
Kondom | 2 – 12 |
Pille | 0,1 – 0,9 |
Kupferspirale | 0,3 – 0,8 |
Hormonspirale | 0,16 |
Temperatur-Methode | 0,8 – 3 |
Zervix-Methode | 5 – 35 |
Symptothermale Methode | 0,4 – 1,8 |
Kalendermethode | 9 |
Du siehst: Gerade die symptothermale Methode kann sehr sicher sein – allerdings nur, wenn du sie richtig beherrscht, ihre Grenzen und deinen Körper kennst. Dasselbe gilt jedoch auch für anderen Verhütungsmethoden, wie du an den Schwankungen des Pearl Index siehst: Es sind Anwendungsfehler, die das Risiko einer Schwangerschaft erhöhen.
Alle Vor- und Nachteile, die du kennen solltest
Du hast diesen Beitrag angeklickt – also machen dich natürliche Verhütungsmethoden wahrscheinlich neugierig. Vielleicht erwägst du sogar, das eine oder andere System auszuprobieren. Bevor du damit loslegst, lohnt sich du ein Blick auf die Vor- und Nachteile.
Vorteile
- nie wieder Hormone! Ab sofort kannst du auf Dutzende Nebenwirkungen von Pille, Spirale und Co verzichten – tschüss Libidoverlust, Gewichtszunahme usw.! Das ist der wahrscheinlich wichtigste Punkt und für viele Frauen ausschlaggebend, sich mit Alternativen auseinanderzusetzen
- du erlangst ein hervorragendes Gefühl für deinen Körper und deinen Zyklus
- möchtest du irgendwann schwanger werden, hilft dir das Wissen rund um deinen Eisprung enorm
- vor allem im Vergleich zur Pille oder Spirale sind symptothermale Methode und Co günstig
Nachteile
- Unregelmäßige und lange Zyklen können die Sicherheit natürlicher Verhütungsmethoden herabsetzen. So lassen sich manche Hormoncomputer zum Beispiel nur bei einer Länge von unter 35 Tagen anwenden
- Schwankungen innerhalb eines Zyklus sind normal – Schlafmangel, Alkoholkonsum, Ernährungsumstellungen, Stress, Leistungssport und andere Faktoren verfälschen deine Daten ggf.
- es braucht etwas Disziplin und Geduld, sich in die Verhütungsmethoden einzuarbeiten und körperliche Anzeichen zuverlässig einzuordnen
- Frauen mit unregelmäßigem Alltag (zum Beispiel aufgrund von Schichtdiensten oder vermehrtem Reisen) sollten lieber auf andere Methoden zurückgreifen
Fazit: Natürlich verhüten? Sicherer als du denkst!
Du entscheidest, welche Verhütungsmethode zu dir passt – deswegen möchten wir hormonelle Methoden gar nicht per se schlecht reden. Aber: Natürliche Alternativen sind (richtig angewendet!) sicherer, als viele Menschen glauben. Solltest du schon länger mit diesem Gedanken liebäugeln, haben wir dich vielleicht ermutigt, die Thematik anzugehen.
Welche Erfahrungen hast du mit Temperaturmessungen und Co? Verrate sie uns gerne in den Kommentaren!
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