Verpackte oder unverpackte Lebensmittel, was spielt das schon für eine Rolle? Im Gelben Sack entsorgt, wird der Kunststoff ohnehin recycelt – schließlich sind wir in Deutschland Recycling-Weltmeister. Oder?
Ja, was passiert denn eigentlich mit unserem Müll? Welche Abfälle werden zu neuen Produkten verarbeitet, welche verbrannt? Wenn du dir solche Fragen schon einmal gestellt hast, solltest du uns auf unserer Reise begleiten – angefangen von der Abholung bis zur Verwertung nehmen wir in diesem Beitrag den Weg unseres Mülls genauer unter die Lupe.
Inhaltsverzeichnis
Abholung und Sortierung – unsere Reise beginnt
Damit möglichst viel Abfall in den Wagen passt, presst die Müllabfuhr diesen bereits beim Leeren der Tonnen. Anschließend macht sich das Fahrzeug auf den Weg zur Sortierungsanlage.
Die Beutel werden aufgerissen und Mitarbeitende oder Maschinen entscheiden, welche Inhalte aus dem Restmüll und der Gelben Tonne in die Wiederverwertung gelangen – und welche zur Verbrennung.
Was wird wiederverwertet – und was verbrannt?
Ungefähr 53 Prozent der Kunststoffabfälle und 100 Prozent des Restmülls werden „energetisch verwertet“. Heißt: Verbrannt. Hier entstehen Energie, Kohlendioxid und andere Giftstoffe. Spezielle Anlagen mögen sie herausfiltern, was dabei übrig bleibt, landet jedoch in Untertagedeponien.
Weitere 17 Prozent unseres Plastikmülls gelangen ins Recycling: Sortiert, eingeschmolzen und zu Rezyklaten aufbereitet, entstehen zum Beispiel Pellets oder Granulat, die Hersteller in neue Formen – und Produkte – gießen.
Nur 17 Prozent? Das ist ganz schön wenig, magst du jetzt vielleicht sagen. Stimmt. Viele Verpackungen lassen sich nur schwer bis gar nicht recyceln, weil sie Farbpigmente und Zusatzstoffe enthalten, mit denen Hersteller ihnen praktische Eigenschaften verleihen (unter anderem Biegsamkeit und Dehnbarkeit). Andere bestehen aus unterschiedlichen Materialien, zum Beispiel Tetrapaks. Hier findest du Schichten aus mehreren Rohstoffen – Kunststoff, Aluminium und Karton.
Zu welchen Produkten wird recyceltes Plastik verarbeitet?
Zirka 1,8 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle bekommen ein zweites Leben verliehen – der größte Teil (42,9 Prozent) landet im Bausektor. Aus 22,6 Prozent entstehen neue Verpackungen, 11,2 Prozent nutzt die Landwirtschaft, es folgen Fahrzeuge (4,4 Prozent), Elektronik (1,6 Prozent), Möbel (1,1 Prozent) und Haushaltswaren (0,6 Prozent) – die restlichen 15,6 Prozent verteilen sich auf etliche andere Bereiche.
Problematisch: Genau genommen handelt es sich bei der Kunststoffwiederverwertung gar nicht um Recycling. Sondern um Downcyling. Mit der Zeit werden die Moleküle brüchig und die Qualität des Materials sinkt – zwar lassen sich die Rezyklate weiterverarbeiten, dabei entsteht jedoch ein minderwertigeres Produkt.
Meistens fügen Hersteller sogar neues Plastik hinzu. Und irgendwann, schon nach wenigen Kreisläufen, endet der Kunststoff schließlich in der Verbrennungsanlage. Trotzdem: Das Sammeln und die Wiederverwertung bleiben unersetzlich. Jedes Gramm Plastik weniger lässt unseren Planeten aufatmen!
Exkurs: Wie gut lassen sich andere Materialien recyceln?
Kunststoffverpackungen mögen leicht und praktisch sein. Weil sie jedoch nach kurzer Zeit aussortiert werden, produzieren wir sie letztendlich für die Tonne bzw. Verbrennung. Besser: Materialien, die sich Dutzende Male – manchmal sogar beliebig oft und ohne Qualitätsverlust – recyceln lassen.
Glas: Top-Alternative zu Plastikverpackungen
Du hast die Wahl zwischen einer Glas- oder Plastikverpackung? Dann entscheide dich für Ersteres! Richtig sortiert (bitte wirf keine Trink- oder Fenstergläser in die Altglastonne), kann man Glas unzählige Male einschmelzen und zu neuen Produkten formen. Diese wiederum schonen unsere Ressourcen und sparen Energie – Altglas schmilzt bei niedrigeren Temperaturen und kommt ohne Quarzsand, Soda oder Kalk aus.
Metalle: Schwierige Produktion, aber gut recycelbar
Auch Metalle wie Aluminium lassen sich hervorragend recyceln. Und das ist besonders wichtig, denn die primäre Herstellung verschlingt Unmengen Energie und belastet unsere Umwelt (Stichwort: Bauxit-Gewinnung in Regenwaldgebieten).
Trotzdem passiert es, dass Metalle ins Downcycling geraten. Das ist zum Beispiel bei Getränkedosen der Fall. Diese bestehen aus zwei Schichten – während der Aufbereitung miteinander verschmolzen, entsteht ein qualitativ schlechteres Aluminium.
Papier: Unbedingt richtig entsorgen
Und wie sieht es bei Papier aus? Ebenfalls Downcycling. Mit jedem Aufbereitungsprozess verkürzen sich die Fasern. Lassen sie sich am Anfang zu hochwertigen Produkten verarbeiten, enden sie irgendwann als Toiletten- oder Küchenpapier.
Aber: Bevor wir uns mit dem Papier die Nase putzen, durchläuft es rund sieben Kreisläufe und spart bei jedem einzelnen ca. 50 Prozent Energie, 15 bis 30 Prozent Wasser, Chemikalien – und Bäume.
Und der restliche Kunststoffmüll – was passiert damit?
Zurück zum Restmüll und Gelben Sack!
Vielleicht hast du die Recycling- und Verbrennungsquote unserer Kunststoffe zusammengerechnet. Wenn ja, ist dir bestimmt etwas aufgefallen. Genau, da fehlen rund 30 Prozent! Was passiert eigentlich mit denen?
Offiziell heißt es, sie würden recycelt. Die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Rund ein Drittel unseres Plastiks wird ins Ausland exportiert – um es dort recyceln zu lassen. Was jedoch am Ende damit geschieht, verfolgt und kontrolliert niemand.
2016 waren es rund 14,1 Millionen Tonnen Kunststoffmüll, die Deutschland in andere Länder gebracht hat. 70 Prozent davon nach Südostasien und in den pazifischen Raum: In Regionen mit niedrigen bis mittleren Einkommen und mangelnder Müllentsorgung-Infrastruktur.
Gewiss, ein Teil der Abfälle wird sicherlich recycelt. Beinahe genauso gewiss ist jedoch, dass ein anderer Teil im Meer landet und auf illegalen oder schlecht gesicherten Müllkippen. Hier gelangen giftige Substanzen wie Flammschutzmittel und Schwermetalle in die Umwelt und belasten Flora, Fauna und Gesundheit.
Fazit: Weniger Müll zu produzieren schützt die Umwelt am besten
Wer einen genaueren Blick auf das Recyclingsystem in Deutschland wirft, merkt schnell: Vom Status des „Weltmeisters“ sind wir weit entfernt. Zumindest, wenn es um Kunststoffe geht – Glas, Papier und Metalle haben eine hervorragende Recyclingquote von bis zu 92 Prozent.
Das liegt insbesondere an der leichteren Aufbereitung. Plastik besteht häufig aus verschiedenen Polymeren, dazu kommen Farbpigmente und Zusatzstoffe; alles Dinge, die das Recycling erschweren.
Umso wichtiger: Kunststoffmüll vermeiden. Nur so können wir unseren Planeten wirklich schützen. Zwar sind 17 Prozent Recycling besser als 0 Prozent. Bei einer jährlichen Herstellung 14 Millionen Tonnen Kunststoff (allein in Deutschland!) bleibt jedoch einiges übrig.
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